Ebenso könnte man jemandem vorwerfen, er könne doch nicht immer die Wahrheit über alles stellen, sondern gelegentlich wäre doch auch einmal der Irrtum wahr.
Dabei wird nicht beachtet, dass die anthroposophischen Inhalte nicht das eigentlich Anthroposophische sind. Das Ziel der Anthroposophie besteht darin, dass wir als Menschen in uns zu unserem eigenen Wesen finden. Darauf weist ja auch der Name Anthroposophie hin. Durch das Studium, durch die Aufnahme der Anthroposophie beginnt sich die eigene Seele zu verwandeln. Sie erlebt in sich neue Fähigkeiten und Kräfte. Solange man nur die Inhalte sieht und sie in den Vordergrund stellt, bleibt man noch an der Oberfläche.
Anthroposophie wird erst zu dem, was sie sein will, durch uns selbst. Sie wendet sich in jedem Moment an unser Ich. Sie beginnt immer stärker unsere Ich-Wesenheit zu erwecken und zu stärken.
Mit der Zeit werde ich selbst zur Anthroposophie. Mein Sprechen und Handeln wird Anthroposophie. Die Anthroposophie quillt aus mir heraus.
Anthroposophie ist in Wahrheit überhaupt nicht vergleichbar mit anderen Wissenschaften, Religionen, Philosophien oder Weltanschauungen. Sie geht viel weiter. Sie ist das sich-selbst-erkennende Sein und Werden des modernen Menschenwesens in diesem heutigen Bewusstseins-Seelen-Zeitalter.
Die Frage nach der einzigartigen Berechtigung der Anthroposophie hat etwas Abstraktes. Man könnte dann auch unmittelbar die Frage stellen: Habe ich selbst etwas Berechtigtes. Kann ich auf mein Denken und Fühlen bauen oder nicht.
Andere Weltanschauungen oder esoterische Wege neben die Anthroposophie stellen zu wollen, käme in Wahrheit dem gleich, zu sagen, man wolle nicht ständig das eigene Ich erwecken und fördern, man wolle das auch einmal schlafen lassen oder man wolle lieber etwas anderes in sich an Stelle des Ich treten lassen.
Umgekehrt kann man auch sagen, dass insofern ich durch andere Religionen oder Weltanschauungen verursacht eine Stärkung meines Ich erlebe, insofern steckt auch in anderen Anschauungen Anthroposophie darin und erweckt damit auch den Anthroposophen in mir.
Deshalb wendet sich Rudolf Steiner in seinem Werk auch so vielen Weltanschauungen offen und erkennend zu und macht uns das Anthroposophische in ihnen zugänglich.
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Zur Veranschaulichung des ersten Teiles meiner Ausführungen möchte ich ein Zitat aus "Das Christentum als mystische Tatsache.." anführen und es dann ein wenig im Hinblick auf die Anthroposophie umwandeln. In dem Zitat geht es um die Stelle aus der Apokalypse des Johannes:
Zur Veranschaulichung des ersten Teiles meiner Ausführungen möchte ich ein Zitat aus "Das Christentum als mystische Tatsache.." anführen und es dann ein wenig im Hinblick auf die Anthroposophie umwandeln. In dem Zitat geht es um die Stelle aus der Apokalypse des Johannes:
"Und der Engel sprach zu mir: Nimm hin (das Buch) und verschlinge es; es wird bitter sein im Magen; doch in deinem Munde wird es süß sein gleich Honig."
Dazu führt Rudolf Steiner aus:
"Nicht allein lesen also soll Johannes in dem Büchlein; er soll es ganz in sich aufnehmen; er soll sich mit seinem Inhalt durchdringen. Was hilft alle Erkenntnis, wenn der Mensch nicht ganz lebensvoll von ihr durchdrungen wird: Leben soll die Weisheit werden; nicht Göttliches erkennen bloß soll der Mensch, vergottet soll der Mensch werden. Solche Weisheit, wie in dem Buche steht schmerzt wohl die vergängliche Natur: "es wird bitter sein im Magen"; aber sie beglückt um so mehr die ewige: "aber in deinem Munde wird es süß sein gleich Honig."
Wir nehmen Anthroposophie auf wie ein Nahrungsmittel, ganz in uns hinein. Sie wirkt und verwandelt unseren vergänglichen Menschen, wenn wir nicht nur abstrakt auf Wissensinhalte sehen. Unser ewiger, geistiger Mensch erwacht; unsere Worte und Taten werden andere als vorher.