7.9.10

Die Überwindung des Dogmatismus

Die Gefahr mit Anthroposophie dogmatisch umzugehen, ist eine sehr große. Natürlich weiß es derjenige nicht, der dogmatisch spricht, dass er dogmatisch ist. Er würde das weit zurückweisen. Undogmatisch ist man erst, wenn man die Gedanken im Sprechen neu erschafft. Sie quellen aus dem eigensten Inneren der menschlichen Seele hervor. Mancher Gedanke kann dann auch identisch sein mit einem Gedanken, den man gelesen oder schon früher gedacht hat, und doch ergibt sich aus dem Zusammenhang immer ein ganz neues Geistgebilde.
In der Geistesschulung kommt man immer weiter an den Punkt, dass man erkennt, dass der Quell allen Wissens, aller Weisheit in der eigenen Seele liegt. Bücher und Lehren können dann diese eigenen Erkenntnisse bestätigen oder widerlegen, aber sie können nicht mehr der Ausgangspunkt der Weisheit sein.
Beim Lesen des Zyklus „DIE OKKULTEN GRUNDLAGEN DER BHAGAVAD GITA“ fand ich im zweiten Vortrag ( Seite 38 f , 3.Auflage 1962) dazu anregende Äußerungen. Schon der Prinz Arjuna wurde von Krishna so geführt, dass er alles Dogmatische überwinden lernen sollte. Als Dogma galten hier sogar schon die alten, hoch-heiligen Inhalte der Veden.
Wenn wir nun in Steiners Vortrag an die Stelle des Wortes "Arjuna" das Wort „der Anthroposoph oder Geistesschüler“ setzen; und für die "Veden" uns „Anthroposophisches oder esoterisches Schriftgut“ denken; und für "Krishna" „Geistesforscher“; – dann können wir den Text unmittelbar auf uns beziehen:
"Man kann es daher als natürlich empfinden, dass Krishna (der Geistesforscher) dem Arjuna (dem Geistesschüler) gegenüber, indem er ihn hineinführen will in die okkulte Welt und nachdem er ihm die Ideenwelt klar gemacht hat, ihm jetzt die nächste Stufe zeigt; zeigt, wie jede Seele, wenn sie den richtigen Ausgangspunkt findet, in die okkulten Welten kommen kann. Was muss also Krishna (der Geisteslehrer) tun? Dazu muss Krishna (der Geistesforscher) allen Dogmatismus ablehnen. Und radikal lehnt er allen Dogmatismus ab. Ein hartes Wort finden wir sogleich bei dieser nächsten Stufe. Dasjenige, was den höchsten Menschen jener Zeiten durch Jahrhunderte hindurch heilig war, der Inhalt der Veden (von allem esoterischen Schriftgut), wird radikal abgelehnt...
Die Veden (alle esoterischen Lehren) enthalten im Sinne des Krishna (des Geistesforschers) nicht Unwahrheit, aber Krishna (der Geistesforscher) will nicht, dass Arjuna (der Geistesschüler) dasjenige, was in den Veden (den esoterischen Lehren) gegeben ist, dogmatisch hinnimmt wie die Vedenschüler (die normalen Menschen, die sich mit Geisteswissenschaft beschäftigen), sondern Krishna (der Geistesforscher) will ihn heranerziehen, dass er von dem ursprünglichsten Entwickelungspunkt der Menschenseele ausgehe. Da muss alle dogmatische Weisheit beiseite gesetzt werden. Dann könnte Krishna (der Geistesforscher) etwa sprechen, wie beiseite ...:Und wenn Arjuna (der Geistesschüler) auch zuletzt zu all demselben kommen soll, was in den Veden steht, ich muss ihn ablenken von den Veden (allen esoterischen Lehren), denn er soll den eigenen Weg aus den Ursprüngen seiner Seele machen. - Von Krishna (dem Geistesforscher) werden die Veden (alle esoterischen Lehren) abgelehnt, gleichgültig, ob sie Wahrheit oder Unwahrheit enthalten. Denn vom Ursprünglichen der Seele soll Arjuna (der Geistesschüler) den Weg nehmen, er soll aus sich, aus einer inneren Eigenheit den Krishna kennenlernen. Für Arjuna (den Geistesschüler) muss vorausgesetzt werden, was vorausgesetzt werden kann, wenn man in die konkreten Wahrheiten der oberen übersinnlichen Welten wirklich eintreten kann.“