23.3.10

Die Unterscheidung der Geister

Die Anthroposophie wurde von Rudolf Steiner in Gedankenform gegeben.

Nun meinen viele Leser des Werkes Steiners, dass sie deshalb auch weiterhin im Menschen in Gedankenform bestehen bleiben müsse.


Dies ist ein Irrtum: Gemeint ist, dass die anthroposophischen Gedanken in der Menschenseele Leben werden sollen.


Geschieht das nicht, dann bleibt in der Seele die Sehnsucht nach dem lebendigen Geistigen erhalten, obwohl sie sich mit Anthroposophie beschäftigt.


Die Seele spaltet sich: Sie studiert treu das niedergeschriebene Wort Steiners und sie sucht zugleich anderswo nach der Erfüllung ihrer geistigen Sehnsucht.

Sie ist dann häufig bereit, geistige Offenbarungen und Hilfen von anderen geistigen Strömen anzunehmen, weil sie ihr unmittelbarer, beseelter und lebensfördernder erscheinen.


Erlebt ein Mensch, der die Anthroposophie auf intellektuelle Art aufnimmt, dass ein Hellseher ihm eine geistige Wahrnehmung vermittelt, dann kann er davon sehr beeindruckt werden. Er beginnt andere spirituelle Wege wie gleichwertig oder gleichberechtigt neben die Anthroposophie zu stellen.


Andere anthroposophisch orientierte Menschen wiederum weisen alles, was sich vermeintlich nicht mit dem Buchstaben der Anthroposophie verträgt, aufs Schärfste zurück, ohne es als Phänomen offen zu studieren oder zu prüfen.


Manchmal geht es allerdings solchen Menschen so, dass in ihnen fast unbewusst der Hunger nach einer scheinbar realeren Spiritualität als die der Anthroposophie immer stärker anwächst, so dass sie dann irgendwann genauso empfänglich für andere geistige Wege werden und sie doch ohne klares Urteilsvermögen aufnehmen.


Es wird bei alledem übersehen, dass mindestens so vielfältig wie die Lebensströmungen in der sinnlichen Welt es auch die Richtungen und Strömungen in der geistigen Welt sind. Es geht deshalb nicht an erster Stelle darum, Geisterfahrungen zu haben oder von anderen mitgeteilt zu bekommen, sondern sie beurteilen zu können. So wie es im Irdischen Kräfte gibt, die die Welt fördern, und andere die ihre Entwicklung hemmen wollen, so gibt es die vorwärtsstrebenden Geister und die hemmenden. Und so wie die physisch-sinnliche Welt verhüllt, was als wahres Wesen den Dingen zugrundeliegt, so kann man an der Erscheinung der Geister nicht unmittelbar erkennen, welche Gesinnung sie hegen.


Rudolf Steiner spricht davon, dass Elementarwesen keine Moralität kennen. In den Flensburger Heften über die Gespräche mit Elementarwesen tritt eines auf, das sich als Erzengel Michael charakterisiert. Nun ist das menschliche Urteilsvermögen gefordert!


Auch wenn irgendwelche anderen Geister durch Medien viel von Licht und Liebe sprechen, so ist das noch keine Gewähr dafür, dass sie dem Weltenfortschritt dienen. Man kann schlicht und einfach an der inhaltlichen Qualität vieler solcher Botschaften feststellen, dass es sich um ein bemerkenswert niedriges Gedanken-Niveau handelt.


Eine Beurteilung ist heute nur möglich durch das geschulte Denken und die im Irdischen entwickelte Moralität.


Der durch Rudolf Steiner übermittelte michaelische Weg, stellt das bewusste, menschliche Ich in den Mittelpunkt. Dieses Ich geht seinen neuen, eigenen, individuellen Weg in die geistige Welt hinein. Es verbindet sich mit der Hilfe der Michaelsgeister dem christlichen Geistesreiche.


Wer den anthroposophischen Schulungsweg geht, der zielt dorthin und er hat die Sicherheit, in der richtigen Weise an sich und an den Weltenzielen zu arbeiten.

Erlange ich z.B. Heilung durch die Anrufung geistiger Kräfte und Wesen, ohne dass ich gleichzeitig eine Entwicklung meiner Persönlichkeit durch starke Willensaktivität bewirkt habe, dann gerät etwas in mir in Bezug auf das Weltenall aus dem Gleichgewicht.


Der michaelische Weg hält immer die Entwicklung meiner Persönlichkeit und die Entwicklung der Welt im Gleichgewicht.

15.3.10

Wirkung von Filmen

In Ergänzung zum dem gestern veröffentlichten Text stieß ich auf eine Stelle in Jostein Saethers Buch "Einstimmen aufs Karma". Jostein Saether ist der wichtigste Karmaforscher, der mir bekannt ist:

"Im Umgang mit dem Film sind für den Geistesschüler einige wichtige Effekte und Tendenzen zu beobachten. Du solltest dich beim Zuschauen einerseits bewusst fragen, was mit dem Film aus kommerziellen, philosophischen, psychologischen oder ästhetischen Neigungen heraus beabsichtigt ist, aber auch währenddessen und eigentlich immer danach in deine Seele hineinlauschen, um herauszufinden, wie der Film auf dich wirkt. - Oft gehen durch die Geschwindigkeit und den schnellen Wechsel der Bilder...solche intimeren Wirkungen unter, Nach längerer Zeit kann es sein, dass bestimmte Bilder in Träumen oder z.B. als Störungen der Meditationen wieder auftauchen, oft verändert oder modifiziert, weswegen man manchmal nicht mehr weiß, dass sie aus Filmen stammen, die man gesehen hat, wenn man sich diesbezüglich nicht "aufräumt und sich davon "gesäubert" hat. ..."

Allerdings muss ich persönlich sagen, dass das Schauen eines Filmes sich bei mir stark beeinträchtigend auf das Meditative auswirkt. Es kann sogar durch die Nacht hindurch noch bis in den nächsten Vormittag mich geistig belagern.

14.3.10

Wahrnehmung des Ätherischen

Auch wenn manche Äußerungen Steiners vielen bekannt sein mögen, so erscheint es mir doch wichtig, immer wieder - gleichsam meditativ - sich mit gewissen Grundaussagen zu beschäftigen, damit aus dem Wissen Wirklichkeit, Praxis werden kann. Die geistigen Phänomene sind so nah, so nah. Wir schauen nur nicht hin. Das Wahrnehmen des Ätherischen ist so eine Tatsache, die sicher viel verbreiteter sich hätte entwickeln müssen, als das heute der Fall ist. Auch scheint es denjenigen Menschen, die es entwickelt haben, nur schwer zu gelingen, diese Fähigkeit in kräftiger und gesunder Weise in das öffentliche Leben zu integrieren. Sie werden leicht zu Außenseitern, kommen seelisch mit Schicksalsphänomenen schwer zurecht, da die Welt die Phänomene noch nicht aufnehmen kann oder will. Sie geradezu bekämpft.

Ich hoffe nur, dass eine neue Generation es da leichter haben wird. Allerdings befürchte ich - diesen Gedanken habe ich allerdings noch nicht durch eigene Beobachtung erforscht -, dass durch die Medien, die nötige Fähigkeit am stärksten korrumpiert wird.


Aus: Rudolf Steiner, "Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der Ätherischen Welt"

„Es wird so viel von Übergangszeiten gesprochen; wir leben in einer solchen, und zwar in einer sehr wichtigen. Und das Wichtige ist, dass wir gerade in der Zeit leben, wo das finstere Zeitalter abgelaufen ist, und dass jetzt gerade ein Zeitalter beginnt, wo die Menschen neue Fähigkeiten langsam und allmählich entwickeln, wo die Seelen der Menschen allmählich anders werden. Aber dass die meisten Menschen nichts davon bemerken, das braucht Sie nicht zu wundern, denn die meisten haben es auch nicht bemerkt, als im Beginne unserer Zeitrechnung das Christus‑Ereignis vor sich ging. Im Jahre 1899 ist das Kali Yuga abgelaufen, jetzt haben wir uns in ein neues Zeitalter hineinzuleben. Und was da beginnt, das bereitet langsam die Menschen zu neuen Seelenfähigkeiten vor.

Die ersten Anzeichen von diesen neuen Seelenfähigkeiten, die wer­den sich in vereinzelten Seelen schon verhältnismäßig bald bemerkbar machen. ... Da werden sich am Menschen ganz besondere Fähigkeiten als natürliche Anlagen zeigen. Da wird sich alles für die Seelen verändern, die auf der Erde weilen und auch für diejenigen, die nicht mehr im physischen sind...Alles ändert sich: das wichtigste Ereignis unserer Zeit ist eine tief einschneidende Änderung in den Seelenfähigkeiten der Menschen....

Da wird es eine Anzahl von Seelen geben, die das merkwürdige Ereignis erleben werden, dass sie das Ichbewusstsein haben werden, aber neben diesem wird es für sie so sein, wie wenn sie in einer Welt lebten, die eigentlich eine andere Welt ist als diejenige ihres gewöhnlichen Bewusstseins: es wird sein wie schattenhaft, wie eine Ahnung, wie wenn ein Blindgeborner operiert wird. Durch das jenige, was wir esoterische Schulung nennen, werden diese hellsehe­rischen Fähigkeiten noch viel besser erlangt werden. Das wird aber, weil die Menschen fortschreiten, in den allerersten Anfängen, in den elementarsten Stufen durch die selbsttätige natürliche Entwickelung in der Menschheit auftreten. Nun könnte es aber sehr leicht sein ‑ und viel leichter könnte es jetzt sein als jemals früher ‑, dass die Menschen in unserem Zeitalter überhaupt nicht in der Lage wären, so etwas, dieses für die Mensch­heit wichtigste Ereignis zu begreifen. Es könnte sein, dass die Men­schen überhaupt nicht imstande wären zu begreifen, dass das ein wirk­ liches Hineinschauen in eine geistige Welt ist, wenn auch schattenhaft und matt nur noch. Es könnte zum Beispiel so sein, dass die Bosheit, der Materialismus so groß wären auf der Erde, dass die Mehrheit der Menschen nicht das geringste Verständnis zeigte, und jene Menschen, die dieses Hellsehen haben werden, als Narren betrachten und in die Irrenhäuser stecken würde unter die andern hinein, die in verworrener Weise ihre Seelen entwickeln. Also es könnte dieses Zeitalter sozu­sagen an den Menschen spurlos vorübergehen, obwohl wir auch heute ertönen lassen den Ruf, wie ihn damals Johannes der Täufer als der Vorläufer des Christus und der Christus selbst haben ertönen lassen: Ein neues Zeitalter ist herbeigekommen, wo die Menschenseelen einen Schritt hinaufmachen müssen in die Reiche der Himmel!

Es könnte sehr leicht sein, dass ohne Verständnis der Menschen das Große vorüberginge. ...Wenn sie auch nicht bemerken könnte das Große, was eintreten kann, geschehen wird es deshalb doch.

...Jetzt sieht der Mensch nur den physischen Leib des Menschen, dann aber wird er imstande sein, den Ätherleib wenigstens wie ein schattenhaftes Bild zu sehen und auch aller tieferen Ereignisse Zusammenhang im Ätherischen zu erleben. Sie werden Bilder und Ahnungen haben von Ereignissen in der geistigen Welt und erleben, dass sich solche Ereignisse in drei bis vier Tagen dann auf dem physischen Plan erfüllen. Sie werden gewisse Dinge in ätherischen Bildern sehen und dann wissen: morgen oder in einigen Tagen geschieht dieses oder jenes.

Solche Umänderungen der menschlichen Seelenfähigkeiten werden kommen.“

9.3.10

Schulungsweg

Der Weg des Volkes Israel und der individuelle Schulungsweg

Wenn man das Alte Testament ein wenig genauer studiert, dann findet man viele Hinweise darauf, dass der Weg des Volkes Israel Entsprechungen zu einem individuellen Schulungsweg hat. Auch welche weitreichenden Folgen bestimmte Verfehlungen der Israeliten hatten, machen einem deutlich, welche Folgen es für einen individuellen, sich schulenden Menschen hat, wenn er die geistige Welt nicht mit vollem Ernst anerkennen kann.

Man ist ja immer wieder berührt, wie streng Jehova mit seinem Volk umgeht, wenn es Regeln oder Gebote nicht beachtet. Aber diese Strenge ist nicht nur eine Strenge, wie man sie von Menschen kennt, sondern es ist immer eine notwendige Reaktion der geistigen Welt. Denn durch die Missachtung der geistigen Gesetze verschließt sich der Mensch oder hier eben das Volk vor der geistigen Welt. Wenn Leidenschaft oder Habgier im Menschen, oder hier beim Führer oder König des Volkes eine große Rolle spielen, kann das Göttliche nicht in ihm wirken.

So wie der Prophet, der Seher oder der Hohe Priester im Zwiegespräch mit Gott steht, so strebt auch der Geistesschüler an, mit seinem Gewissen in Einklang zu stehen und alles mit der geistigen Welt abzuklären.

Vor jeder Handlung und bei jeder Frage geht der Priester ins Allerheiligste und opfert Jahwe; danach kommt das Dankopfer. Heute opfert der Gottsucher etwas in seinem Seelischen, um sich der Gottheit zu öffnen; z.B. das eigene Denken, um das göttliche Denken einzulassen.

Das Volk Israel muss im Gegensatz zu anderen Völkern auf äußere Anhaltspunkte für seine Beziehung zu Gott verzichten. Es muss ganz einen inneren Weg gehen. Aus Schwäche neigt es immer wieder dazu, sich „Götzenbilder“ zuzulegen; es will sich an einem Bildnis festhalten.

Der Geistesschüler übt entsprechend, das körperfreie, sinnlichkeitsfreie Denken in sich auszubilden.

Bei Moses reicht schon der Zweifel an der Wirksamkeit Gottes- als er Wasser für das Volk aus dem Fels schlagen soll und das Volk murrt - , weil die Moralität der Menschen zu schwach entwickelt ist, dafür aus, dass erst aus dem Stein kein Wasser kommt. Aber es ist nicht die Gottheit, die das Wasser verweigert, sondern es ist der Zweifel, der Moses in sich selbst die geistige Kraft raubt.

Bitte ich die geistige Welt um Antwort auf eine Frage oder um Hilfe, und sie kommt - sie kommt viel häufiger als man denkt, nur immer sehr "leise" - dann muss man diese Antwort auch annehmen und umsetzen. Was meist viel schwieriger ist, als die Antwort zu vernehmen. Nehme ich aber die Hilfe nicht an, dann stoße ich förmlich die geistige Kraft (in mir) zurück.

So muss der Geistsucher immer sich die unerschütterliche Gewissheit auf die Wirksamkeit des Geistigen erhalten, egal was um ihn herum geschieht.

Die Ängstlichkeit der Kundschafter vor den „riesenhaften“ Menschen im Land Kanaan verhindert, dass das Volk Israel in das Heilige Land ziehen kann. Jeder Rest von Angst macht einen Eintritt in die geistige Welt unmöglich.

Erst müssen alle sterben, die Angst haben, bevor das Volk nach 40 Jahren in das verhießene Land kommt. Oder anders ausgedrückt: Erst muss die Angst sterben, bevor die Schwelle übertreten werden kann.

Einmal muss Saul sein Heer von Zehntausenden auf 300 verkleinern, damit deutlich wird, jeder Sieg kommt einzig und allein durch Gottes Macht.

So muss auch der Geistesschüler lernen, zu erleben, dass er aus eigener Kraft nichts kann, sondern alles geschieht nur durch die Hilfe der geistigen Welt. Für die Außenwelt sieht es deshalb oft so aus, als wäre er arm daran oder lebe im Unglück; doch das ist eben nur die Außenseite.


Dies seien nur einige Beispiele, die sich sicher noch vielfach erweitern ließen.

8.3.10

Generalversammlung der Theosophischen Gesellschaft 1908

"Lebenslängliches Vorstandsmitglied"


Ludwig Kleeberg berichtet in seinem Buch "Wege und Worte" ( S. 202) von einer Generalversammlung der Theosoph. Ges. im Jahre 1908 in Berlin:

"Dr. Steiner hielt eine Begrüßungsansprache und stellte im Namen des Vorstandes den Antrag, dass ein Vorstandsmitglied, welches sieben Jahre lang dem Vorstand angehört hätte, in diesem auf Lebenszeit Sitz haben sollte. Denn ein Mitglied, welches sieben Jahre lang im Vorstand gearbeitet hätte, habe eine ganz andere Bedeutung als ein jüngeres. Ferner sollte der Vorstand, dem wachsenden Mitgliederstand entsprechend, erweitert werden. Die zunehmende Mitgliederzahl bilde in gewisser Weise eine Gefahr; es könne sich eine Mehrheit bilden, welche die Arbeit langer Jahre einfach zerstöre, und dem solle die Stabilität des Vorstandes entgegengesetzt werden."

Wie fremdartig klingen diese Worte doch in heutiger Zeit. Wie weit sind wir von der Verwirklichung solcher Ideale entfernt. Überall gilt nur der "demokratische" Weg, der als der einzig mögliche propagiert wird, der aber bei weitem nicht der sinnvollste und geistgemäßeste ist.

7.3.10

Neue geistige Forschungsansätze


Langsam kristallisieren sich immer deutlicher die neuen, zukunftsweisenden, spirituellen Wege heraus. Durch die Schulung der Sinnestätigkeit und die Verstärkung der Seelenkräfte kommt es zu neuen, bewussten innerseelischen Erfahrungen und Wahrnehmungen. Im Goetheanum veröffentlicht z.Zt. Dirk Kruse - wohl in sehr verkürzter, aphoristischer Weise - geistige Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Jahreslauf. Dazu findet man auf der Internetseite von Jostein Saether - bekannt geworden durch sein Buch über seine Reinkarnationserlebnisse - einen ausführlicheren Artikel:

Dirk Kruse
Freelancer am 25.01.10
Immer mehr Menschen treten heute auf, die geistige Erfahrungen erworben haben. Einzelne fanden ihren spirituellen Zugang durch Rudolf Steiners Anthroposophie. Zu ihnen gehört Dirk Kruse.

In einem lesewerten Aufsatz in der Wochenschrift "Das Goetheanum" (Nr. 43-2009) – für die er in den letzten Jahren mehrere bemerkenswerte Beiträge verfasste – beschrieb Dirk Kruse die Wichtigkeit des Buches "Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten" von Rudolf Steiner – das Buch feierte im letzten Jahr sein 100. Geburtstag – als methodischer Ansatz zu seinen geistigen Erfahrungen mit der Natur. Die Methodenschritte, die „plastisch in die nicht sinnlich sichtbaren Ebenen des Angeschauten" hineinführen, fasst Kruse wie folgt zusammen:

„Die Schritte könnte man in folgender Anordnung beschreiben:
1.Verehrungskraft
2.meditativ-konzentrierte Fokussierung,
3.genaue äußere Objektbetrachtung,
4.erfassendes Abbilden des Krafteindruckes,
5.Gefühl daran bemerken,
6.beherztes Halten (da es sonst unbewusst durchs Bewusstsein durchhuscht), Verstärken und Beobachten der Seelischen Eindrücke,
7. Differenzierendes ‚Durchtasten' der Seeeleneindrücke nach unterscheidbaren Kategorien,
8. das Seelische sich bis in vergleichbare Linien- und Figurenart aussprechen lassen
9. Beschreiben und Zeichnen des Erlebten. Unerlässlich bleibt das Erarbeiten des gesamten Buches, da die Übungen in ausführlich beschriebene Bedingungen, Vorbereitungen, Bezüge, Nebenübungen und Auswirkungen eingebettet sind."

Nun hat die Redaktion der Wochenschrift ihn gebeten, für das ganze Jahr 2010 über seine übersinnlichen Beobachtungen zur Jahreslaufforschung fortlaufend zu berichten.

6.3.10

Geistige Arbeit ohne geistiges Erlebnis

In dem Buch von Zeylmans über Ita Wegman "Die letzten drei Jahre" findet man viel Lesenswertes. Über die Frage zukünftiger geistiger Arbeit äußerte sie sich folgendermaßen:

"Altes in alter Weise weiterzuführen wurde Ita Wegman... immer schwerer, wenn nicht unmöglich...
>>...und mir kommt es auch im Allgemeinen so vor, als ob doch wir alle innerlich noch aktiver sein sollten, damit auch die Klasse wirksamer sein wird... Altes Wiederholen in dem gleichen Schritt ohne eine schwungvolle Weiterentwicklung hat oft eine lähmende Wirkung...Glauben Sie wirklich, dass es so unbedingt nötig ist, dass wieder Klassenstunden gegeben werden? Mir kommt das so veraltet vor, wenn nichts Neuses in den Menschen entstanden ist. Die Klasse muss neu auferstehen, in einer anderen Art von den Menschen empfangen werden...<<"

Geistige Arbeit ohne geistiges Erlebnis kann ungeheuer in die Irre führen. Es ist wie bei einer Baufirma, die Häuser über Häuser baut, ohne darauf zu achten, ob sie auch bezogen werden. Sie produziert leere Hüllen, die von anderen Wesen bezogen werden können.

5.3.10

Intellektualismus

Rudolf Steiner wies darauf hin, dass eine Zunahme des "Intellektuellen" die größte Gefahr für die Anthroposophie in der Zukunft sein wird.

Nun kann man den Begriff "intellektualistisch" nur recht schwer definieren. Man muss sich ein Gefühl dafür aneignen, um zu bemerken, wann ein Mensch intellektuell spricht oder schreibt und wann nicht.

Das Werk Rudolf Steiners selbst ist der Übungsweg, um sich dafür einen Instinkt zu erarbeiten. Niemals schreibt oder spricht Steiner intellektuell. Es ist bei ihm in allem Leben darin. Alle Gedanken, die er äußert, sind von ihm zugleich erlebt.

Gebe ich "Wissen" wieder oder erlebe ich dieses Wissen in mir? - dies ist ein Prüfstein für die Art meiner Äußerungen. Habe ich die Gedanken, die ich äußere schon vorher gedacht und bringe sie wie einen Gedächtnisinhalt vor - oder entwickle ich die Gedanken wie eine Neuschöpfung im Augenblick? Fügen sich die Gedanken in einen lebendigen Zusammenhang hinein oder stellen sie sich nur neben ihn...

Man beurteile einmal anthroposophische Literatur nach diesen Kriterien. Man wird nur weniges finden, was in diesem Sinne lebendige, nicht intellektuelle Anthroposophie ist.

4.3.10

Auf die eigenen Beine gestellt

Hat die Anthroposophische Gesellschaft ihre Selbstständigkeit errungen?


Beim heranwachsenden Menschen ist es so, dass er in seiner Kindheit, Jugend und ersten Erwachsenenzeit gewissermaßen wie getragen, gefördert ist von Jugendkräften. Eine lebendige Kraft steht hinter ihm, die ihm vieles leichter macht, ohne dass er dafür ein eigenes Verdienst in Anspruch nehmen kann. Etwa um das 30. Lebensjahr schwindet diese Kraft. Nun ist der Mensch für alles selbst verantwortlich. Er entwickelt sich ab jetzt nur weiter, wenn er dies bewusst will und mit Energie betreibt. Sonst bleibt er auf dem Entwicklungszustand, den er bis dahin erreicht hat, stehen - für den ganzen Rest seines Lebens.


Viele Menschen wissen das nicht – und merken es auch nicht. Sie meinen, dass die äußeren Lebensveränderungen, mehr Erfahrung, mehr Verdienst, mehr Ansehen, Familie, Kinder usw. ausreichend seien. Aber eine innere Entwicklung kennen sie nicht. Die Seele entleert sich mit dem Altern, sie verödet, sie sucht Ersatz und Kompensation z.B. im Reisen, Eigenheimgestaltung und Kosum.


Rudolf Steiner soll einmal davon gesprochen haben, dass ein geistiger Impuls etwa 70 Jahre wirken kann. So könnte man nun analog davon ausgehen, dass der geistige Impuls, den Rudolf Steiner in die Welt gebracht hat und den die Anthroposophische Gesellschaft in ihrem Schoß aufgenommen hat, etwa 70 Jahre wie eine Jugendkraft in der Gesellschaft wirkte. Sie entwickelte sich aus diesem Impuls heraus immer weiter, sie war beseelt und begeistet von ihm. Jugendsünden wurden überwunden und verziehen.


In den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts lief diese Zeit ab. Nun mussten die Mitglieder das selbst leisten, was vorher die Gnade des geistigen Impulses Steiners bewirkt hatte. Ihr meditativ-geistiges Handwerk mussten die (führenden) Mitglieder inzwischen gelernt haben; 70 Jahre konnte die Anthrop. Gesellschaft lernen, 70 Jahre dauerten ihr Lehr- und Wanderjahre. Nun begann die Zeit der Selbstständigkeit, der „Meisterschaft“.


Hatte man sich gut vorbereitet? Hat man das geistige Handwerkszeug ausreichend errungen? Ist die Gesellschaft heute eine aus eigenen Kräften esoterisch arbeitende geworden?

3.3.10

Maßstab für alle Worte und Taten


Es tritt immer wieder bei einem Selbsterkenntnis erstrebenden Menschen die Frage auf, woher er wissen kann, ob er sich richtig verhält. Wobei natürlich der Ausdruck "richtig" schon problematisch ist.

Es gibt einen schlichten Maßstab: Man trage einfach alle Worte und Taten vor die geistige Welt und beachte deren Antwort.

Was ist in diesem Sinne die "geistige Welt"?
Das kann man in verschiedener Weise ausdrücken: Man könnte versuchen, alles entweder vorher oder hinterher vor den Christus zu stellen. Man könnte sich fragen: Was sagt der Christus dazu?
Oder: Was sagt mein höheres Ich dazu oder mein ehrliches Gewissen?

Alle Ausflüchte, Selbstrechtfertigungen, Egoismen, Unreinheiten, Unwahrheiten, Nöte, Anpassungen usw. finden dabei keine Berücksichtigungen mehr. In den Mittelpunkt rückt das reine Menschsein oder Mitmenschsein.
Rudolf Steiner, Zeichnung von Emil Orlik, 1916

Im Weltgeheimnis schaut sich der Mensch.
Im Menschengeheimnis offenbart sich die Welt.

Rudolf Steiner (1861-1925)


Zeichnung von Emil Orlik, 1916