23.5.10

Verstärktes Erkenntnisstreben und seine Folgen:

Briefe an die Mitglieder VI (3.Teil)

"Das sind Dinge, die stark darauf hinweisen, wie das lebendigere Erkenntnisstreben in der Anthroposophischen Gesellschaft notwendig begleitet sein muss von dem Ringen nach einer Veredlung des Gefühls- und Empfindungslebens. Das verstärkte Erkenntnisstreben vertieft das Seelenleben nach der Region hin, wo Hochmut, Selbstüberschätzung, Teilnahmslosigkeit mit anderen Menschen und noch vieles andere lauern.

Ein minderes Erkenntnisstreben greift auch nur schwach in diese Region ein. Es lässt sie in den Tiefen der Seele schlafen. Ein regsames Erkenntnisleben stört sie aus dem Schlafe auf. Gewohnheiten , die sie niedergehalten haben, verlieren ihre Kraft. Das Ideal, das auf Geistiges sich richtet, kann Seeleneigenschaften erwecken, die ohne dieses Ideal nicht offenbar geworden wären.

Die Anthroposophische Gesellschaft sollte dazu da sein, durch die Pflege edlen Gefühls- und Empfindungslebens Gefahren entgegenzuwirken, die da lauern. Es gibt Instinkte in der Menschennatur, die zur Furcht vor der Erkenntnis treiben, weil sie solche Zusammenhänge wittern.

Wer aber sein Erkenntnisleben deshalb schlummern lässt, weil durch dessen Pflege seine hässlichen Gefühle aufgerührt werden, der verzichtet auch darauf, den vollen Umfang des wahren Menschen zu entwickeln.

Es ist menschenunwürdig, die Einsicht zu lähmen, weil man sich vor der Charakterschwäche fürchtet. Es kann allein menschenwürdig sein, mit dem Erkenntnisstreben auch das nach dem Willen zur Selbstzucht zu verbinden.

Und durch die Anthroposophie kann man das. Man muss nur auf die Lebendigkeit ihrer Gedanken kommen. Diese Lebendigkeit macht, dass sie auch Kraft im Willen, Wärme in Gefühl und Empfindung erzeugen können, Es liegt durchaus an dem Menschen, ob er die Anthroposophie bloß vorstellt, oder ob er sie erlebt.

Und es wird an den tätig auftretenden Mitgliedern der Gesellschaft liegen, ob durch die Art, wie sie Anthroposophie entwickeln, nur Gedanken angeregt werden können, oder ob Leben entzündet wird."

(1.Teil- hier: http://orioniden.blogspot.com/2010/05/herzlich-zusammenarbeiten.html

(2.Teil- hier: http://orioniden.blogspot.com/2010/05/innere-toleranz-gegen-den-anderen.html